Letztens las ich einen Text, in dem behauptet wird, wenn man jemandem vorwirft ein Verschwörungstheoretiker zu sein, würde man für sich automatisch die absolute Wahrheit beanspruchen und deswegen gegen Meinungsfreiheit und gegen die Demokratie sein. Diesen Vorwurf möchte ich etwas genauer betrachten.

Eine Verschwörungstheorie ist ein vermuteter zielgerichteter, illegitimer und absichtlicher Hintergrund zu bestehenden Ereignissen. Das bedeutet nicht automatisch, dass die Verschwörungstheorie falsch sein muss. Sie ist erst einmal nur vermutet. Wenn Fakten gedeutet werden, so dass sie in das entsprechende Weltbild passen, dann ist das problematisch, aber auch darüber kann man diskutieren bzw. die Behauptungen überprüfen. Wissenschaftlicher Standard wäre dabei drei voneinander unabhängige Quellen bzw. Untersuchungen zu finden, die die Theorie belegen.

Ich habe in meinem Bekanntenkreis einige Leute, die Verschwörungstheorien für wahr halten. Ich komme mit diesen Menschen wunderbar klar, denn wir respektieren gegenseitig, dass wir unterschiedlicher Meinung sind. Doch wenn jemand behauptet, dass ich gegen die Meinungsfreiheit bin, wenn ich seine Meinung hinterfrage, dann ist genau diese Behauptung demokratiefeindlich. Es ist ein rhetorischer Kniff, dem Gegenüber genau das zu unterstellen, so dass er in einen Rechtfertigungszwang gerät und das Bedürfnis hat, zu zeigen, dass er gar nicht so ist.

Nach meiner oben beschriebenen Definition von „Verschwörungstheorien“ haben viele große Wissenschaftler zunächst an selbige geglaubt. Nur haben Sie sich selbst, ihre Sichtweise und ihre Behauptungen kritisch überprüft und waren sich der Tatsache bewusst, dass sie sich irren können. Wenn diese Demut der eigenen Fehlbarkeit gegenüber fehlt, ist es pure Ignoranz und nichts weiter.

Genau diese Ignoranz ist das Problem: Billigend in Kauf zu nehmen, dass man einen unbequemen Teil der Fakten übersieht, nur um das eigene Weltbild zu rechtfertigen und sich so etwas besser und sicherer zu fühlen. Die eigene Ignoranz umzudeuten und sich als Retter und Verteidiger der Freiheit darzustellen ist ein pervertiertes Wunschselbstbild, das den eigenen Unwillen zur Selbstreflektion kaschieren soll.

Wenn jedoch respektvoll und auf Augenhöhe diskutiert wird und die eigene Position genauso kritisch diskutiert wird wie die der anderen, dann ist das eine konstruktive Basis um aus Behauptungen stabile, haltbare Theorien zu machen und friedlich zu koexistieren. Nur sollte man dem Drang widerstehen, sich selbst zu erhöhen, indem man behauptet, man würde die Zusammenhänge besser verstehen als andere. Einsicht in die eigene Fehlbarkeit ist die Grundlage für Persönlichkeitsentwicklung.

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