Wir leben in einer Zeit der gesellschaftlichen Verwirrung. Besser gesagt leben wir in einer Zeit der Irrationalität. Die zunehmende Radikalisierung in der Gesellschaft, die Narzissten als Staatsoberhäupter und die Planlosigkeit bei den politischen Herausforderungen sprechen Bände. Doch warum ist das so?

Wenn man etwas Neues lernen will, dann verknüpft man die Fakten idealerweise mit Emotionen und Sinneseindrücken. Die Emotionen und Sinneseindrücke dienen dabei quasi als Trägerwelle, so dass die Fakten leichter zu merken sind. Was passiert nun, wenn man die Fakten entfernt? Es bleiben Emotionen und ein Vakuum, das gefüllt werden möchte. Irrationalität ist dabei unglaublich verlockend. Wir glauben einfach, was simpel ist und uns eine vermeintliche Selbstwirksamkeit vorgaukelt.

Wenn wir geglaubt haben, dass uns die Probleme in den Krisengebieten dieser Welt nichts angehen, so werden wir dieser Tage eines Besseren belehrt. Denn die Probleme, die wir in die Außenwelt verbannt haben (Müll, Waffen, Ausbeutung), bleiben nicht dort. Sie verursachen dort Leid und das kommt zurück. Zur Zeit in Form von Geflüchteten.

Nun gibt es zwei verschiedene Antworten: Die einen sagen, dass das so nicht geht und dass sie eine einfache Lösung haben (den „Laden dicht machen und alle, die stören, rausschicken“ o.Ä.). Die anderen sagen, dass das Problem kein wirkliches Problem sei. Beide haben Unrecht.

Problemempfinden ist prinzipiell subjektiv und liegt jeweils im Auge des Betrachters. Also gibt es Probleme. Einfache Lösungen gibt es nicht, denn die Populisten suggerieren uns, es ließe sich ein angenehmer Zustand, wie er früher gegeben war,  wieder herstellen. Das funktioniert so nicht. Das eigentliche Problem ist, dass wir uns haben einreden lassen, dass die negativen Folgen unseres Wohlstandes nichts mit uns zu tun haben.

Nun könnte man versuchen, die Einsicht zu vermitteln, dass es so etwas wie Ursache und Wirkung gibt und dass wir auf einen Teil unserer Bequemlichkeit verzichten müssen. Das wird aber keinen Erfolg haben, denn wir reagieren auf das Aufgeben unserer Bequemlichkeit wie ein Kettenraucher auf die Ansage, dass Rauchen schadet.

Diese Ignoranz der Dramatik der Situation ist genau das, was einen Frieden zwischen Menschen unmöglich macht. Wir leben im Zeitalter der postfaktischen Egozentrik. Selbstkritische Verantwortungsbereitschaft ist zwar nicht gänzlich verschwunden, befindet sich aber deutlich auf dem Rückzug.

Dabei ist es im Grunde einfach: Jeder verzichtet auf ein wenig Bequemlichkeit. Das kann der Verzicht auf täglich Fleisch zum Essen sein, das kann das Nutzen des Fahrrads oder des Busses statt des Autos sein oder auch eine bewusste Entscheidung für eine reflektierte Offenheit, wenn Menschen in Not sind. In der Masse macht das einen enormen Unterschied. Wenn die Aussage „Wir schaffen das“ überhaupt etwas bedeutet, dann dies. Warum sollt ich die Möglichkeit, Dinge zum Guten zu beeinflussen, alleine in die Hand von Politikern geben? Genau an diesem Punkt frage ich mich, was bin ich bereit zu tun, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen? Mein Beitrag ist der Versuch, Klarheit zu finden und die Erkenntnisse auf dem Weg zu teilen. Das ist meine Art, ein Apfelbäumchen zu pflanzen, selbst wenn ich weiß, dass ich alleine den Niedergang des Humanismus nicht aufzuhalten vermag. Was ist Ihr Apfelbäumchen?

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