Dies ist eine Spielart, die weit verbreitet ist im Alltag. Es handelt sich um ein verdecktes Status-Spiel, also quasi eine Art Hierarchie-Kampf. Ein Ihnen augenscheinlich wohlgesonnener Bekannter lobt ihre Arbeit, um dann einige Kritikpunkte daran hervorzuheben. Dabei geht es weniger um die Kritik, sondern darum, dass sich Ihr Bekannter über Sie stellt und glaubt, das Objekt, um das es geht, beurteilen zu können.

Ein Beispiel: Vor längerer Zeit hatte ich Flyer erstellt und drucken lassen. Da es schnell gehen musste, hatte ich keinen Designer darangesetzt, wie ich es normalerweise tun würde. Nun setzte sich mein Bekannter dazu, sah den Flyer und begann aufzuzählen, was er alles anders machen würde und was falsch sei. Dabei betonte er mehrmals, dass er mich ja möge und mir nur helfen wolle. Weit gefehlt. Der Mann war Lehrer und hatte von Grafikdesign soviel Ahnung wie ein Nilpferd vom Fliegen. Was bei ihm im Kopf passierte, war vermutlich Folgendes: Er hatte aufgrund irgendeines Ereignisses ein angeknackstes Selbstwertgefühl in diesem Moment. Das muss nicht einmal bewusst gewesen sein. Nun glich er genau dieses aus, indem er etwas auf herablassend freundliche Art kritisierte, von dem er eigentlich nichts verstand. Dadurch signalisierte er, dass er seiner Meinung nach über mir steht. Da er aber auch ein Wunsch-Selbstbild hat, das bei so einer Aktion ins Wanken gerät (er ist dann ja nicht mehr der gute Mensch), musste er es schönreden, indem er seine edle Motivation betonte. Am Ende saß er zufrieden da, sein Wunsch-Selbstbild in bester Ordnung und sein Selbstwert auf meine Kosten erhöht. Mir blieb ein bitterer Nachgeschmack.

So funktioniert diese Art von Machtspiel. Wenn Sie beginnen, sich zu rechtfertigen, haben Sie bereits verloren, denn dann akzeptieren Sie damit die vermeintliche Kritik. Diese ist jedoch nur ein Vorwand für Hierarchiekämpfe, selbst wenn sie gerechtfertigt sein sollte. Der Flyer im Beispiel war ihm furzegal. Es ging ihm lediglich darum, salopp ausgedrückt, auf der Brust rumzutrommeln. Meistens ist es vergebene Liebesmüh‘, diesen Mechanismus einem solchen Menschen zu erklären, denn entweder versteht er ihn nicht oder es ist ihm egal. Nur in wenigen Ausnahmen sind die Täter so reflektiert, dass sie sich den Schuh anziehen und Selbstkritik üben. Ich empfehle, um sich verbal zu verteidigen, die 4i-Methode von Dr. Albert Thiele. Mit dem Link kommen Sie zu einem Youtubevideo, in dem er die Methode erklärt.

Eine weitere Variante dieses Status-Spiels ist die Aussage: „Du, das kenne ich, das ging mir früher auch so…“ Oberflächlich betrachtet, signalisiert diese Aussage Verständnis, doch mitunter ist es eine andere Formulierung für: „Hey, Du Seerosengießer, ich bin viel weiter als Du!“ Meiner Erfahrung nach kommen solche Aussagen gehäuft von Menschen, die ihren Selbstwert auf Kosten anderer ausgleichen. Dabei sollte man sich klar machen, dass dies nicht unbedingt nötig wäre. Einen verringerten Selbstwert kann man entweder ausgleichen als Arsch, indem man sich über andere stellt und sie das subtil (oder auch weniger subtil) spüren lässt oder man lenkt den Fokus auf einen Bereich, in dem man gut ist. Hinzu kommt, dass das Bezugssystem stimmen sollte. Wenn ich gerade eine Violinenstunde hatte, werde ich mich nicht an einem Stück von Paganini versuchen. Ich suche ein Bezugssystem, das passt. In dem ersten Beispiel vergleiche ich meinen Flyer nicht mit dem Ergebnis, das ein Grafikdesigner produziert hätte, sondern eher mit dem eines Laien.  Verglichen damit war er gar nicht mal schlecht.

Nicht jeder, der Machtspiele spielt, ist sich dessen bewusst. Seien Sie nachsichtig, oft sind diese Menschen geistig unbewaffnet. Das heißt aber nicht, dass Sie sich das gefallen lassen müssen. Ziehen Sie Grenzen. Meine Lieblingsmethode ist dabei die oben genannte 4i-Methode. Achten Sie mal darauf und probieren Sie es aus.

Ihr Persönlichkeitsscout

Markiert in: